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Maulbronn -  11.09.2022
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Fabelhaftes Klavierspiel zum Abschluss der Kammermusikwoche in Maulbronn

Maulbronn. Ludwig van Beeethovens „33 Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli C-Dur op. 120“, kurz die „Diabelli-Variationen“ für Klavier solo, sind gewiss kein Genuss im Sinne klangseliger Träumerei. Vielmehr ein teils sperriges Beethoven-Spätwerk, schwer zu spielen und beim Hören schwer zu begreifen. Mit dieser anspruchsvollen Komposition konfrontierte Maulbronns Residence-Pianist Bernd Glemser das Publikum beim Abschlusskonzert seiner Kammermusikwoche im Laienrefektorium und lotete die Grenzen klavieristischer Technik aus.

Bernd Glemser begeistert in Maulbronn.
Bernd Glemser begeistert in Maulbronn. Foto: Lange

In Glemsers meisterlichem Vortrag teilte sich eine in Klänge verwandelte geistige Auseinandersetzung mit, die in spannender Rede und Gegenrede zwischen Kontrolle und Ekstase aufeinander bezogen schien. Detailversessen und oft ungestüm agierte der Interpret am Flügel und entfaltete die in Charakter und Farben kontrastreichen Satzminiaturen mit intensiver Empathie, traf für jede Variation den richtigen Ton.

Nach dem von Beethovens Verleger Diabelli vorgegebenen Walzer-Thema mit seinen brillant ausgeführten Vorschlagsfiguren folgte ein majestätisch wuchtiger Marsch mit archaisch anmutenden Akkordgebilden und ein quirliges „Poco allegro“. In den 31 weiteren Veränderungen antworteten auf lyrische Begeisterung tonale Attacken mit Biss. Wildheit in rapiden Tempi, Rasereien in Sechzehntel-Skalen, heftige Akkord-Schläge und Erregung bei Triller-Aufstiegen waren die eine Seite, vorsichtiges Vorantasten die andere.

Fugierte Turbulenzen in der vorletzten und das graziöse, fast heitere Menuett der letzten Variation vollendeten die Wiedergabe Und zwischendurch entbot die Beethoven-Musik auch ihre Reverenz an den musikantischen Mozart (21. Veränderung) und die bewundernswerte Gelassenheit von Johann Sebastian Bach (24. Veränderung).

Bravouröser Chopin

Bravourös gespielt und begeistert aufgenommen waren auch die Interpretationen je zweier Klavierwerke von Frédéric Chopin und Alexander Skrjabin nach der Konzertpause. In Chopins ziemlich düsterer Fantasie f-Moll (op. 49) beherrschte Pathos das musikalische Bild. Die dramatischen Akzente und vollgriffigen Akkordfolgen strahlten bei Glemser deklamatorische Kraft und Größe aus. Auch die Wiedergabe von Chopins Nocturnes (op. 48) zeigte einen pathetischen Zuschnitt.

Feingliedrig sensibel und stimmungsvoll präsentierte der Solist dagegen Skrjabins Poème in Fis-Dur (op. 32/1). Und in dessen Klaviersonate Nr. 4 (op. 30) schlug Glemser einen sehnsüchtig zarten Ton an, der sich zu ekstatisch-rauschhaftem Jubel steigerte und sich zum Abschluss der Kammer-musikwoche in den Reaktionen der Konzertbesucher fortsetzte. Ein Prélude von Rachmaninow als Zugabe rundete den fabelhaften Klavierabend ab.

Autor: Eckehard Uhlig