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Kreis Calw -  16.12.2025
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Für Notfälle gut gerüstet? Calwer Arzt hadert mit der Entscheidung für den Ausbau der Herrenberger Klinik

Kreis Calw. Seit dem Jahr 2006 sind die Krankenhäuser des Landkreises Calw (Nagold und Calw) sowie die vier Kliniken des Landkreises Böblingen (Leonberg, Herrenberg, Sindelfingen und Böblingen) im Klinikverbund Südwest zusammengeschlossen. Jetzt galt es für die beiden Kreistage weitreichende Beschlüsse im Zusammenhang mit der Medizinkonzeption 2030 zu fassen. Wenngleich es diesmal dabei vorrangig um den Standort Herrenberg ging, so haben doch die Entscheidungen auch Auswirkungen auf den Kreis Calw, der 25,1 Prozent der Anteile hält, und seine Finanzen.

Notfalldienstpraxis und Klinikambulanz unter einem Dach
Ihre liebe Not haben die Verantwortlichen im Landkreis Calw mit der Notfallversorgung. Nicht alle Patienten haben Grund, so freundlich zu lächeln wie diese Frau nach der Untersuchung. Foto: Symbolbild: picture alliance / Bernd Thissen/dpa

Geschäftsführer Alexander Schmidtke ging vor dem Calwer Kreistag besonders auf die Notfallversorgung ein. In Calw und Nagold würden weiterhin Basis-Notfallversorgungen vorgehalten und in Nagold sogar eine „erweiterte Notfallversorgung.“ Allerdings müsse nun die Notfallversorgung in Herrenberg ausgebaut werden. „Dort gibt es künftig eine tagesambulante Notfallversorgung“, kündigte der 60-jährige Chef des Unternehmens mit insgesamt über 5000 Beschäftigten an den sechs Standorten an.

„Die Kassenärztliche Vereinigung setzt sehr stark auf Digitalisierung“,

kündigte Schmidtke an.

Im Internet lande man irgendwann auf einer Plattform und werde dann zu einem Tele-Arzt weitergeleitet. Damit wolle man dem Fachkräftemangel entgegenwirken. „Aber per Telefon erreicht man weiterhin mit der Nummer 112 einen Notarzt.“

In Herrenberg entstehe ein sogenanntes „Integriertes Gesundheitszentrum“ (IGZ) mit insgesamt 100 Betten. 40 Betten würden für die allgemeinmedizinsche Basisversorgung vorgehalten. Das Medizinische Versorgungszentrum werde um weitere Angebote ergänzt, beispielsweise in der Allgemeinmedizin sowie in der Kinder- und Jugendmedizin. Hinzu kommen: eine Hebammenpraxis, ein ambulantes OP-Zentrum für den Gesamtverbund, 30 Betten für Kurzzeitpflege, eine stationäre geriatrische Rehabilitation mit 30 Betten und vier bis sechs Betten für Palliativmedizin.

Bei vier Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen aus den Reihen der AfD und der Fraktion Aufrechte Bürger, die sich vor einiger Zeit aus Abtrünnigen der AfD und zwei Freien Wählern gebildet hatte, stimmte der Calwer Kreistag der Medizinkonzeption zu. Zwei Stunden zuvor gab es, wie Landrat Helmut Riegger dem Calwer Gremium berichtete, im Böblinger Kreistag sogar zehn Gegenstimmen zu dem Ganzen.

Massive Kritik übte besonders der Calwer Arzt Professor Dr. Martin Handel (Aufrechte Bürger): „Vor einigen Jahren wurde schon an der Utopie festgehalten, eine 24-Stunden-Notfallversorgung aufrecht zu erhalten.“ Ohne jegliche Intensivstation in Herrenberg funktioniere das nicht und sei „unehrlich“. Seine Altensteiger Arzt-Kollegin Dr. Ursula Utters (SPD) hielt ihm entgegen: „Beispielsweise eine Nachbehandlung nach einer Lungenentzündung ist dort schon möglich.“ Der CDU-Fraktionschef und Nagolder Oberbürgermeister Jürgen Großmann aus Nagold warb um Verständnis: „Es geht um unseren Partner Landkreis Böblingen.“ Schmidtke dazu: „Vom Gesetzgeber ist dieses Konstrukt so gewollt.“

Rechte hadern mit Personal-Karussell der Grünen

Eine Umbesetzung in einem Kreistags-Ausschuss ist normalerweise eine Formalie und Lapalie. Wortmeldungen bleiben dazu meistens aus. Nicht jedoch so in der letzten Sitzung 2025 des Calwer Kreistags. Es ging darum, dass die Grünen-Fraktion beantragte, Erich Grießhaber aus Bad Liebenzell anstelle von Brigitte Loyal aus Nagold als ordentliches Mitglied in den Jugendhilfeausschuss zu entsenden. Loyal sollte dann persönliche Stellvertreterin Grießhabers werden und die seitherige Stellvertreterin Sabine Huber (Neubulach) ihren Platz räumen. Dr. Eberhard Bantel (Aufrechte Bürger) beanstandete, dass „kein driftiger Grund“ dafür vorläge. Grünen-Fraktionschefin Nele Willfurth antwortete, dass aufgrund der letzten Umbesetzung Grießhaber plötzlich als Einziger in keinem Ausschuss mehr vertreten gewesen sei. Das reichte Peter Drenckhahn (AfD) immer noch nicht aus: „Das ist kein driftiger Grund.“ Um keine Unruhe zu verursachen, werde er aber zustimmen. Auch Bantel kündigte an, „schweren Herzens“ sein Ja zu geben. So konnte am Ende einer 16 Punkte umfassenden Kreistagssitzung doch noch Einstimmigkeit erzielt und eine geheime Wahl vermieden werden.