Heilix Blechle, ist das eng: Mehr Autos im Enzkreis, mehr Parkprobleme
Enzkreis. Gerade in den Dörfern ohne engmaschigen öffentlichen Nahverkehr ist das eigene Auto wichtig. Und der Zweitwagen. Und der dritte für die großen Kinder. Die Blechlawine im Enzkreis wird immer größer. Irgendwo müssen die Autos parken. Und das sorgt längst auch in Dörfern für Probleme.
Wie eine Schiffshupe dröhnt das Warnsignal eines Sattelschleppers durch Tiefenbronns Franz-Josef-Gall-Straße. Dabei ist in diesem Moment nichts Verbotenes passiert. Ein Transporterfahrer hat einen der regulären Stellplätze im Dorfzentrum angesteuert. Jetzt will er ausparken. Doch die Ortsdurchfahrt, eine der schönsten im Enzkreis mit Fachwerkfassaden dicht am Fahrbahnrand, ist auch ohne Ordnungswidrigkeiten eng. Der Transporter tastet sich rückwärts in die Straße. Der Sattelschlepper kommt aus dem toten Winkel. Dessen Fahrer schert nach links aus, quetscht sich vorbei – seinen Ärger hört jeder in der Straße.
Ein paar Meter weiter hält ein Kombi kurz am Bürgerhaus „Rose“. Zwei Räder sind auf dem Gehweg. „Solange man mit Rollator oder Kinderwagen durchkommt, sagen wir da nichts“, sagt Bürgermeister Frank Spottek. Er schmunzelt, als die Beifahrerin aussteigt und über die Straße zur Bäckerei Böss eilt. Eigentlich hat die Verwaltung im Juli neue Parkregeln eingeführt, um solche Situationen zu vermeiden. Vor Geschäften wie der Bäckerei oder der nahen Volksbank darf man seitdem nur noch zeitlich begrenzt und mit Parkscheibe halten. Damit Kunden möglichst immer direkt vor dem Laden parken können. Doch gerade entlang der „Rose“ machen abgestellte Autos weiter die Straße und den Gehweg noch enger.
So etwas ist längst Alltag in den Dörfern. Die PZ hat sich das Beispiel Tiefenbronn nicht angeschaut, weil es dort besonders schlimm zugeht. Sondern, weil die Diskussionen im Gemeinderat um das Parken in Kurven, auf Gehwegen, gegen die Fahrtrichtung oder um blockierte Bereiche im Zentrum aktuell sind. Und sehr typisch für den Enzkreis. Das zeigt auch ein Ortswechsel.
Keltern, Ortsteil Dietlingen. Patrick Wurster, der stellvertretende Feuerwehrkommandant, hat zu Demonstrationszwecken ein Löschfahrzeug aus dem Gerätehaus geholt. Wobei: So einfach geht das nicht immer. Wurster erinnert sich an einen Einsatz, als die Wehr in ihrer eigenen Wache in Dietlingen zugeparkt war. Ein Lastwagenfahrer aus Osteuropa hatte sich wenig um das absolute Halteverbot geschert. Und auch sonst brauchen die Einsatzkräfte in den Dörfern gute Nerven. Autos, die auf beiden Straßenseiten abgestellt sind und zu wenig Straße übriglassen. Kurvenparker, die acht und mehr Meter lange Einsatzfahrzeuge vor unlösbare Slalomaufgaben stellen. Die Testfahrt zeigt schnell: In Dietlingen ist die Fahrt im 14-Tonner selbst dann kompliziert, wenn die Autofahrer ihre Fahrzeuge abgestellt haben, ohne gegen Regeln zu verstoßen. Timo Schmidt, der Mann am Steuer, muss das Löschauto abrupt abbremsen. Nico Schwarz springt hinaus und weist ihn ein. Millimeterarbeit an Rückspiegeln vorbei. Im Ernstfall würde wertvolle Zeit verlorengehen.
Woher kommen die Probleme? Wurster und Spottek müssen da nicht lange grübeln. „Auf dem Dorf braucht man sein Auto“, sagt der Kelterner. „Der Bus ist hier draußen keine Alternative.“ Und Spottek weiß, dass mit jedem neuen Bauplatz die Autoflotte in Tiefenbronn wächst. Das passt zum allgemeinen Trend. Derzeit sind im Enzkreis 158 830 Fahrzeuge zugelassen. Mehr als doppelt so viele wie noch 1980. Bald könnte es genauso so viele Autos wie Einwohner im Enzkreis geben. Zumal wenn man die rund 25 000 Anhänger noch draufrechnet, die in der offiziellen Statistik fehlen. An einer Wohnstraße in Keltern-Weiler parken freilich alleine drei davon am Straßenrand.
Ganz normal: Schon rein rechnerisch gibt es im Kreis deutlich mehr als zwei Autos pro Haushalt. Er kenne Familien mit großen Kindern – und vier Fahrzeugen, sagt Wurster. Jeder Bürger erlebt so beim Thema Parken beide Seiten. Er weiß, wie nervig es ist, unter Zeitdruck sein Auto abstellen zu müssen und dafür Kreise durch zugeparkte Ortsstraßen zu ziehen. Und er weiß auch, wie es ist, wenn man als Anwohner unter solchen parkenden Autos leidet. „Wenn es nicht um krasse oder wiederholte Verstöße geht, schreibe ich die Betroffenen erst mal an und erkläre das Problem“, sagt Jennifer Hoffmann. Über den Schreibtisch der jungen Frau vom Tiefenbronner Ordnungsamt geht unter anderem der Ärger mit dem Parken. Erst mal reden, ehe man Bußgelder verhängt, ist ihre Maßgabe.
Feuerwehrmann Wurster ist dafür, grobe Parksünden auch zu ahnden. Er dokumentiere Fahrzeuge, die einen Feuerwehreinsatz aufhielten, und schalte den Vollzugsbeamten der Gemeinde ein. Einen solchen „Ortspolizisten“, wie die Beschäftigten landläufig genannt werden, gibt es in Keltern. In Tiefenbronn noch nicht. Ein Bürger, der sein Auto in eine Parklücke vor der Bäckerei gestellt hat, wünscht sich das anders. „Die neuen Regeln hier sind gut“, findet er, „aber man sollte mehr auf die Durchsetzung schauen.“ Tatsächlich denkt Bürgermeister Spottek schon darüber nach, mit dem Gemeinderat in der nächsten Sitzung über einen solchen Vollzugsbediensteten zu sprechen. Gerne gemeinsam mit einer Nachbarkommune. Ein Beispiel dafür gibt es im Heckengäu, wo Mönsheim, Wurmberg und Heimsheim gemeinsam eine Kraft beschäftigen. Die Erfahrungen? „Sehr gut“, sagt Mönsheims Rathauschef Thomas Fritsch. Die Parksituation habe sich verbessert. Und weil der Bedienstete den Leuten gegenüber eine gute Ansprache habe und nicht mit Knöllchen um sich werfe, gebe es kaum Beschwerden. Dieser Ton würde zu Tiefenbronn ja passen.