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Enzkreis -  26.10.2018
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Hier kann es gefährlich werden: Unfallatlas zeigt, wo Schwerpunkte sind

Enzkreis. Als Ende vergangener Woche eine Autofahrerin zwischen Bauschlott und Stein einem plötzlich auf der Straße auftauchenden Reh ausweichen wollte, ihr Auto eine Böschung hinunter rutschte und sich überschlug, rückte einmal mehr eine neuralgische Stelle der Region in den Blick.

Wie aus dem neuen Unfallatlas der statistischen Ämter des Bundes und der Länder hervorgeht, ist es auf der dortigen Landstraße 611 und der angrenzenden L570 2017 zu rund 20 Unfällen mit Beteiligung von Autos gekommen. Die PZ hat diesen Atlas ausgewertet – und Unfallschwerpunkte im Enzkreis und dem nördlichen Landkreis Calw identifiziert.

Autofahrer: Unfallhäufungen mit Autos gibt es laut Oliver Müller, Leiter des Straßenverkehrs- und Ordnungsamtes Enzkreis, überall – auch im Enzkreis. Ein Schwerpunkt: die A8 – mit all ihren in der Region befindlichen Anschlussstellen. So zeigt ein Blick auf die Unfallkarte, dass sich 2017 zwischen Pforzheim-West und Nord rund 15 Unfälle ereigneten. Auf dem Abschnitt zwischen Pforzheim-Nord und Ost waren es insgesamt über 30 Unfälle – zwischen den Anschlussstellen Ost und Süd sogar über 40.

Ähnlich auffällig: Die B10, die laut der Statistik besonders in Mühlacker für Autofahrer gefährlich werden kann. Autofahrer waren dort innerstädtisch in 25 Unfälle verwickelt. Viele weitere kamen auf der B10 um Mühlacker herum, etwa bei Illingen und Niefern, hinzu.

Doch die B10 ist nicht die einzige gefährliche Bundesstraße in der Region. Vorsicht ist auch auf der B294 geboten: Besonders von Pforzheim kommend in Richtung Neulingen an der Kreuzung mit der Kreisstraße 4527 und an der Bauschlotter Ortsausfahrt in Richtung Bretten ereigneten sich im vergangenen Jahr viele Unfälle mit Autos.

Aber: Rund zehn Unfälle in Dietlingen und Ellmendigen und deutlich über 20 in Königsbach-Stein zeigen, dass auch herkömmliche Landstraßen und Ortsdurchfahrten in der Region schnell zu Schwerpunkten werden können.

Nicht verwunderlich für Müller. Er weiß: „Im Enzkreis herrscht allgemein ein hohes Verkehrsaufkommen – aufgrund der Lage zwischen Karlsruhe und Stuttgart.“ Dadurch könne es schnell zu einer Häufung von Unfällen an bestimmten Orten kommen. Ein Dauerthema, das immer wieder für reichlich Arbeit sorgt, wie Müller erklärt. Die Maßnahmen zur Entschärfung solcher prägnanten Orte seien vielschichtig: „Von baulichen Veränderungen wie Kreisverkehre oder Kreuzungen über neue Verkehrszeichen bis hin zu Blitzern machen wir alles, um die Verkehrssituation zu verbessern – immer in enger Absprache mit der Polizei“, sagt er.

In Niefern an der Kreuzung am Queenshotel etwa habe das Straßenverkehrsamt 2013 eine neue Ampelschaltung mit eigener Grünphase für Linksabbieger aus Richtung Mühlacker eingerichtet. Mit Erfolg, so Müller: In den Jahren zuvor hatte es dort immer wieder gekracht, weil Autofahrer den Gegenverkehr aus Pforzheim unterschätzt hatten. Das komme mittlerweile nicht mehr vor. Eine Veränderung, die bald in Kraft treten und damit für eine Beruhigung des Verkehrs sorgen solle, sei ein Kreisverkehr an der L565 in Schwann. „Auch hier sind wir uns sicher, dass sich die Unfallanzahl verringern wird“, sagt Müller.

Kraftradfahrer: Enzkreis, Landkreis Calw, Pforzheim: Überall in der Region waren im Vorjahr mehr Motorradfahrer an Unfällen beteiligt als im Schnitt der drei vorherigen Jahre. Ein Blick auf die Unfallkarte zeigt zum einen, dass Biker auf den kurvigen Straßen des Nordschwarzwalds sowie den Ein- und Ausfahrtsstraßen Pforzheims und Mühlackers besonders gefährdet sind. Beispiel Dobel: Auf der Strecke westlich des Kurorts – gen Bad Herrenalb – waren 2017 fünf Kraftradfahrer an Unfällen beteiligt. Östlich – gen Dennach und Höfen – sogar acht. Und viermal kamen die Fahrer von Motorrädern und Rollern auf der B294 bei Neuenbürg zu Schaden. Apropos Bundesstraßen: Biker-Unfallschwerpunkte sind auch die B10 östlich von Mühlacker (fünf Beteiligte), die B10 auf der Wilferdinger Höhe (sechs) und die B294 zwischen Arlinger und Brötzingen (vier). Zwölfmal waren Kraftradfahrer 2017 an Unfällen in Königsbach-Stein beteiligt – sowohl innerorts als auch auf der Landstraße nach Wössingen.

Fahrradfahrer: Für Radler ist an Kreisverkehren Vorsicht geboten. Auf der Enzberger Kanalstraße, auf der Maulbronner Straße in Ötisheim, auf der Landstraße zwischen Ellmendingen und Dietenhausen, je zweimal in Stein (Ecke Königsbacher-/Wagnerstraße) und auf der Pforzheimer Kaiser-Friedrich-Straße: Überall waren 2017 Fahrradfahrer bei Unfällen in Kreisverkehren beteiligt. Darüber, wer diese verursachte, gibt die Statistik keine Auskunft. Betrachtet man aber alle Unfälle mit Beteiligung eines Fahrradfahrers, sind Radler nur an gut jedem zweiten Crash selbst Schuld.

„Kreuzungen sind ein Problem, wenn die Fahrbahnen von Rad- und Autofahrern baulich getrennt sind“, sagt Markus Lederer, Vorsitzender des ADFC-Kreisverbands Pforzheim Enzkreis. „Zum Beispiel sind Auto- und Radstrecken auf Alleen oft durch Baumstreifen getrennt. Wenn der Autofahrer dann abbiegt, wird der Radler oft wenig wahrgenommen.“ Besser seien Radstreifen auf der Straße: „Wenn das mit Tempo 30 einhergeht, wäre das ideal“, sagt Lederer.

Die Kanalstraße in Enzberg ist auch außerhalb des Kreisverkehrs für Radfahrer gefährlich: Dort kam es zu zwei weiteren Radunfällen. Ein solcher Schwerpunkt findet sich auch in der Kleinenztalstraße in Calmbach. Und knapp jeder zehnte der 74 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung im Enzkreis ereignete sich in Königsbach-Stein.

Fußgänger: An 53 Unfällen im Enzkreis waren im Vorjahr Fußgänger beteiligt. Auffallend: Fünf dieser Unfälle ereigneten sich in Maulbronn, vier davon auf der quer durch den Ort führenden Frankfurter und Stuttgarter Straße.

Auch in Bad Wildbad und dem Ortsteil Calmbach sind Fußgänger häufig unter den Opfern: Siebenmal waren sie dort an Unfällen beteiligt. Innerhalb Pforzheims gibt es solche Schwerpunkte im unteren Bereich der Arlingerstraße, auf der Goethebrücke sowie dort, wo die aus der Fußgängerzone herauskommende Blumenstraße auf die Straße Am Waisenhausplatz trifft. Eine detaillierte Betrachtung Pforzheims erfolgt in einer der nächsten PZ-Ausgaben.

Autor: Simon Walter und Julia Wessinger