Landratswahl in Calw: Helmut Riegger geht in seine dritte Amtsperiode
Kreis Calw. Der Calwer Landrat Helmut Riegger geht in seine dritte Amtsperiode. Die übergroße Mehrheit des Kreistags stimmte im voll besetzten großen Sitzungssaal des Landratsamts für den Kreischef – im ersten Wahldurchgang waren mehr als 50 Prozent aller 55 Kreisräte nötig. Doch fünf Ratsmitglieder fehlten. Der 63-jährige Amtsinhaber ging als einziger Bewerber ins Rennen. Er erhielt 44 Stimmen, sechs waren gegen ihn – unterm Strich kam er so auf fast 80 Prozent. Seit 2010 steht Riegger an der Spitze der Kreisverwaltung mit rund 1000 Mitarbeitenden. „Mit so einem tollen Ergebnis hätte ich nicht gerechnet“, freute sich Riegger.
 
In seiner Wahlrede spannte Riegger einen Bogen über vielfältige Aufgaben der Kreisverwaltung, warf seinen Blick aber nach vorne. Im Dezember werde die neue Hermann-Hesse-Bahn fertig, Ende Januar Züge auf der wiederbelebten Strecke von Calw nach Weil der Stadt fahren. Und im Januar übergebe der Landkreis dem Klinikverbund Südwest das neue Calwer Krankenhaus auf dem Gesundheitscampus im Stammheimer Feld des Stadtteils. „Das ist ein Meilenstein der medizinischen Versorgung im Kreis“, sagte Riegger. Außerdem läuft die aufwendige Sanierung und Erweiterung der Nagolder Klinik zu einem Schwerpunkthaus mit Geburtsstation weiter. „Was wir im Kreistag entscheiden, setzen wir tatkräftig um, wir sind Macher“, sagte der Landrat den Mitgliedern des Kreisparlaments.
Die Kreisräte kennen Riegger als umtriebigen Motor für eine bessere Infrastruktur. Ein Jahr nach seiner ersten Wahl im Jahr 2010 hatte ihn eine Studie des Prognos-Instituts aufgeschreckt – der Kreis Calw habe auf vielen Gebieten starken Nachholbedarf, ermittelten die Datenforscher damals. Und so entwickelte er Vorzeigeprojekte für die kommenden Jahre. Rieggers Kernpunkte: Mobilität mit der neuen Schienenverbindung in den Nachbarkreis Böblingen und weiter in die Landeshauptstadt sowie ein Stundentakt im Busverkehr, hochmoderne Krankenhäuser und Bau von Datenautobahnen mit Glasfaserleitungen – rund 12.000 Haushalte seien mittlerweile ans schnelle Internet angeschlossen. „Digitale Verbindungen mitsamt künstlicher Intelligenz, die sich zum strategischen Handlungsfeld entwickelt“, sind aus Rieggers Sicht gerade im oft sträflich vernachlässigten ländlichen Raum ein wichtiger Standortfaktor, vor allem für die Wirtschaft – „dem Rückgrat unseres Kreises“.
Etwas mehr als 500 Millionen Euro investiert der Kreis mit Riegger an der Spitze seither in die Infrastruktur. Der Landrat heimste massive Zuschüsse von Bund und Land ein, vor allem für die Hesse-Bahn, deren Baukosten von anfänglich 50 auf fast 210 Millionen Euro explodierten. Und als der Staat noch viel Geld in der Kasse hatte, vermochte der Kreis äußerst günstige Kredite mit langen Laufzeiten aufzunehmen. Er verstehe sich als Impulsgeber und Verwaltungsmanager, der „motiviert und zielgerichtet Lösungen anstößt“.
Eine Idee musste Riegger indes begraben. Der Bund stoppte den angepeilten Umbau der Bundesstraße 463 im Nagoldtal auf drei Spuren zwischen Bad Liebenzell und Unterreichenbach. Das Modell mit einer zusätzlichen Überholzone, 2017 vom damaligen Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Fuchtel (CDU) aus Altensteig eingefädelt, stieß auf massive Kritik des Bundesrechnungshofs, wie die PZ berichtete. Die obersten Finanzprüfer erklärten, der Calwer Versuch sei unnötig: Das Vorhaben sei regelwidrig, denn mit den neu gefassten Richtlinien für die Anlage von Landstraßen sei längst geklärt, dass drei Spuren auf wichtigen Bundesstraßen den Überholdruck senken.
Und was will Riegger in den kommenden Jahren anpacken? Ein riesiges Problem ist die Schieflage des Haushalts mit massiven Verlusten. Einmal mehr kritisierte der Landrat scharf die Bundes- und Landesregierung: „Sie bestellen gesetzliche Leistungen, decken aber nicht unseren Aufwand.“ Im Frühjahr wird Riegger den Kreisräten seinen neuen Etat vorstellen: „Wir müssen langfristig unsere finanzielle Handlungsfähigkeit sichern.“ Die Städte und Gemeinden befürchten jedoch, der Kreis werde die Umlage für die Kommunen drastisch erhöhen.
Am 1. Februar beginnt Rieggers letzte achtjährige Dienstzeit, sie endet Ende Januar 2034. Er wird zu diesem Zeitpunkt 71 sein, Landräte dürfen maximal 73 sein.
