Sekundenschlaf oder Ablenkung? Falsche Wortwahl bringt Unfallfahrer vor Gericht
Neuenbürg/Pforzheim. "Hätten Sie direkt am Unfallort gesagt, dass Sie abgelenkt waren, säßen wir heute nicht hier", brachte es Richter Patrick Stemler in nur einem Satz auf den Punkt.

Wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung musste sich am Montag, 15. März, ein 37-jähriger Deutscher vor dem Amtsgericht Pforzheim verantworten. Der Mann war am 17. Oktober 2020 gemeinsam mit seinem fünfjährigen Sohn aus dem Landkreis Ludwigsburg auf dem Weg zum Besucherbergwerk Frischglück in Neuenbürg, als er offenbar wegen Übermüdung in einer leichten Rechtskurve die Kontrolle über seinen BMW verloren hatte und in eine Leitplanke gefahren war. Dabei entstand ein Sachschaden von rund 3000 Euro.
"Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich den Strafbefehl bekommen habe", sagte der Angeklagte und beteuerte mit zittriger Stimme, nicht am Steuer eingeschlafen zu sein. Er habe sowohl den Tempomat als auch die Abstandsregelautomatik angehabt und die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingestellt: "Offensichtlich fuhr die Kolonne vor mir nicht ganz diese Geschwindigkeit, sodass sich mein Auto hintendran geheftet hat."
Verwirrung nach Unfall führt zu falschen Angaben
Unmittelbar vor dem Unfall habe er sich zu seinem Sohn auf dem Rücksitz umgedreht, als sein BMW "plötzlich wieder Gas gegeben" habe. In der Aufregung und Verwirrung habe er anschließend nach einer Erklärung für den Unfall gesucht und dabei gegenüber der Polizei mehrere mögliche Gründe genannt, darunter wohl auch Sekundenschlaf.
"Hätte ich das Gefühl gehabt, dass ich müde bin, wäre ich nicht mit meinem Sohn nach Neuenbürg gefahren. Ich würde weder mich noch ihn in Gefahr bringen."
Der Angeklagte
Er habe seinen Sohn auf dem Schoß sitzen gehabt und wollte daher in diesem Moment nicht sagen, dass er mit ihm diskutiert habe. "Nicht, dass er noch denkt, er hätte Schuld an dem Unfall", begründete der Mann seine Aussage: "Ich bin kein Berufsverbrecher. Es war für mich nichts Böses, auch Sekundenschlaf aufzuzählen."
Gericht und Verteidigung einigen sich auf Geldstrafe
Doch genau diese Formulierung wurde ihm letztendlich zum Verhängnis. Es sei "ein massiver Unterschied", ob er unaufmerksam gewesen oder tatsächlich hinter dem Steuer eingeschlafen sei, erklärte Stemler: "Das eine kann passieren, das andere ist eine Straftat. Deswegen sitzen wir auch hier."
Staatsanwalt Konrad King zeigte sich insbesondere darüber irritiert, dass der Angeklagte keinerlei Bremsversuche unternommen hatte, was auch dieser sich nicht so recht erklären konnte. "Ich weiß nur noch, dass ich den Knopf vom Tempomat an meinem Lenkrad gesucht habe, damit der Wagen nicht mehr beschleunigt", sagte der 37-Jährige.
Letztendlich schenkte das Gericht ihm dennoch Glauben und einigte sich mit Verteidiger Ulrich Eberle auf eine Geldstrafe von 1800 Euro zugunsten der Verkehrswacht Pforzheim/Enzkreis. Stemler empfahl dem Mann zudem, künftig besser auf seine Wortwahl zu achten.