Streit im Gerichtssaal statt Klarheit über Millionenbeute
Pforzheim. Hat der 54-jährige Angeklagte tatsächlich Gold im Wert von rund zwei Millionen Euro aus jener Pforzheimer Scheideanstalt gestohlen, bei der er seit 2012 angestellt war? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Auswärtige Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe in Pforzheim unter Vorsitz von Richter Andreas Heidrich weiterhin. Auch am Mittwoch, dem dritten Verhandlungstag, war eine Lösung des Falls nicht in Sicht.
 
 
Befangenheitsantrag abgelehnt
Ein Befangenheitsantrag gegen Richter Heidrich, den Staatsanwalt Lars Jaklin gestellt hatte, wurde abgelehnt. Nach einigen verbalen Gereiztheiten zwischen dem Vorsitzenden Richter und dem Staatsanwalt appellierte Verteidiger Nicolas Schwab für „einen normalen Umgangston“ – weil es ihm „allmählich reicht“. Etliche Zeugen wurden im fünfstündigen Non-Stop-Verfahren gehört, ehe es eine 20-minütige Mittagspause gab. Dann folgten weitere Zeugen. Das Ende des Prozesses steht in den Sternen. Fortgesetzt wird im November, der Termin wird noch bestimmt.
Kollegen des Angeklagten berichteten über den Ablauf der Arbeiten in der Schmelzerei wie folgt: Ware verschiedenster Art komme bereits gewogen zu ihnen. Sie werde eingeschmolzen – wobei unterschiedlich viel Abfall entstehe –, werde abschließend gewogen und mit dem Namen des Schmelzers versehen. Dann lande sie beim Vorgesetzten, der sie erneut wiege. Bei größeren Differenzen des Gewichts werde die Schlacke nachgeprüft. Die Zeugen hielten es für „unwahrscheinlich“, dass jemand Goldabfälle unbemerkt nach draußen transportieren könnte.
Arbeit ist Vertrauenssache
Ein ehemaliger leitender Angestellter der Firma indes meinte, die Mitarbeit in einem solchen Betrieb sei immer Vertrauenssache. Natürlich sei es möglich, kleinere Mengen nach draußen zu bringen. Er beschrieb detailliert, dass man plötzlich große Verluste verzeichnen musste, die in einen Langzeitvergleich nicht passten. Im Tagesgeschäft sei dies nicht aufgefallen. Er führte engmaschige Kontrollen ein. Darauf ging der Schwund zurück. Er erließ noch engere Kontrollen, und wieder ging der Schwund an Material, also Gold, merklich zurück.
Fehlende Beweise
Außerdem habe sich gezeigt, dass gerade der Angeklagte deutlich mehr Schwund zu verzeichnen hatte als seine Kollegen. Was aber möglicherweise daran liegen konnte, dass er oft mehr verschmutzte Ware bearbeitete als diese. Was einfach praktischen Abläufen geschuldet war.
„Wie wollen wir feststellen, bei welchem Schmelzer wie viel verschwunden ist?“, wollte Richter Heidrich wissen. Er sehe ein Gemisch aus Wechselbeziehungen und bislang keinen Beweis. Der Angeklagte habe eindeutig höhere Verluste zu verzeichnen als seine Kollegen, betonte der Zeuge. Nach dessen Entlassung seien die Verluste zurückgegangen. Was dennoch kein unbedingtes Indiz in Bezug auf den Angeklagten sei, stellte Heidrich fest.
