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Tiere -  04.09.2019
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Tierischer Einbrecher: Dachs besucht Familie in Ispringen - doch Experten warnen

Enzkreis/Ispringen. Diesen Anblick vergisst Gerhard Ganzmann so schnell nicht. Tief hat ihm der Dachs in die Augen geschaut, einige Sekunden lang, und ist dann mit einem Satz durch das Fenster in den Kellerraum des Ispringers gelangt.

„Dort hat er sich unter einem Stuhl versteckt“, erinnert sich Ganzmann an den tierischen Einbrecher, der auf seinem Weg ins Innere zuerst ein Schutzgitter aus Draht durchgebissen hatte – eine Überraschung nicht nur für die Ispringer Familie, auch für Experten. Denn eigentlich gelten Dachse als scheue Tiere, die den Kontakt zu Menschen meiden. „Ganz anders als Füchse, Rehe, Wildschweine und andere, die in jüngster Zeit immer häufiger in Wohngegenden gesichtet werden“, wie Bernhard Brenneis, Wildtierbeautragter des Enzkreises weiß.

Warum kommen wilde Tiere dem Menschen immer näher?

Schuld sei die Ausdehnung des Menschen in den Lebensraum der Wildtiere. Die Rodung von Wald für Wohngebiete sorge dafür, dass Füchse, Rehe oder Wildschweine in Kontakt mit Menschen kommen und ihre Scheu verlieren, sagt Brenneis: „Korrekt ist eigentlich: Sie kommen nicht zu uns, sondern der Mensch baut in deren Nähe.“ Häuser liegen am Waldrand, Straßen durchkreuzen tierischen Lebensraum, es entsteht ein unfreiwilliges Miteinander, bei dem der Wildtierbeautragte zu gegenseitigem Respekt auffordert.

Wo liegen die Gefahren?

Wildtiere begeben sich auf der Suche nach Nahrung zunehmend in Dörfer und Städte. Insbesondere Wildschweine können große Schäden anrichten. Marder nisten sich im Dachgebälk ein und fressen die Dämmung auf. Hinterlassener Kot kann Krankheiten übertragen. „Deshalb dürfen die Tiere auch aus falschverstandener Fürsorge nicht gefüttert werden. Wildtiere können sich selbst ernähren“, mahnt Brenneis. Im Garten sollte man den Kompost abdecken. Aus Fällen, wie kürzlich in Engelsbrand, weiß er, wie Füchse nachts ihre Routen von Garten zu Garten machen – „und dann natürlich gerne nahe der Siedlung leben und ihre Jungen großziehen.“

Was gilt es bei Wildtieren noch zu beachten?

Brenneis sieht immer wieder Fast-Food-Tüten am Wegrand, sorglos aus dem Auto geworfen: „Schon allein der Geruch lockt die Tiere auf Nahrungssuche an.“ Auch eine halbe Pizza im Hausmüll wirkt anziehend. „Nicht umsonst sind in Alaska alle Abfallgefäße mit Schlössern versehen, um sich vor Bären zu schützen.“ Wer ein Wildtier antrifft, sollte es nicht anfassen, warnt der Experte, sie könnten aggressiv und bissig sein. Und sich wehren, wenn sie sich bedrängt fühlen. Vielmehr gelte es, dem Tier die Chance zur Flucht zu lassen.

Und was ist mit dem Dachs bei den Ganzmanns passiert?

Zunächst gab es einen Anruf bei der Polizei. Nach erster Ratlosigkeit vermittelten die Beamten Gerhard Ganzmann an Andreas Herrmann. Der Tierpfleger des Pforzheimer Wildparks rückte mit einem speziellen Fangkorb an. „Schnell eingefangen, konnte sich der Dachs aber wieder aus dem Kescher befreien, indem er sich ein Loch reingebissen hat“, erzählt Herrmann von dem ungewöhnlichen Einsatz. Er wies das Ehepaar Herrmann an, alle Fenster zu öffnen – und noch während er sein Fangnetz flicken wollte, ergriff das gut 15 Kilogramm schwere Tier die Flucht über den gleichen Weg, wie es eingedrungen war. „Der Dachs war sofort verschwunden“, sagt Herrmann – und seitdem nicht mehr gesehen.

Wie schützt sich die Ispringer Familie künftig vor tierischen Einbrechern?

Gerhard Ganzmann will keine Türen und Fenster mehr offen stehen: „Und bald wird das Schutzgitter verstärkt.“ Auf eigene Kosten. Denn nach ersten Informationen komme die Versicherung für den Schaden nicht auf.

Im Bundesstaat Montana gibt es andere tierische Besucher: Dort ist ein kleiner Schwarzbär in die Toilettenräume eines Hotels geklettert und hat es sich dort gemütlich gemacht. 

Autor: lin