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Pforzheim -  21.08.2020
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Von Bad Wildbad über den Rhein bis tief in die Pfalz: Huchenfelder Paragleiter mit fast sechsstündigem Rekordflug

Bad Wildbad/Pforzheim-Huchenfeld. Der Traum vom Fliegen ist seit jeher fest im menschlichen Wunschdenken verankert. Einer, der diesen Traum seit Jahren lebt, ist Dietmar Späth. Der passionierte Paragleiter aus Huchenfeld nennt nicht nur die Lüfte des Enzkreises seit Jahren sein Zuhause, sondern von halb Europa. Egal ob Österreich, Italien, Griechenland oder Spanien, all das hat er bereits von oben gesehen.

Fast sechs Stunden dauerte der Flug von Dietmar Späth von Bad Wildbad über den Rhein bis tief in die Pfalz.
Fast sechs Stunden dauerte der Flug von Dietmar Späth von Bad Wildbad über den Rhein bis tief in die Pfalz. Foto: Späth

Am Sonntag, den 16. August, stand für Späth nun der nächste, ganz besondere Flug auf dem Programm. Von Bad Wildbad aus ging es über den Rhein bis tief in die Pfalz. Fast sechs Stunden war er bei seinem bislang weitesten, in der Kurstadt gestarteten, Flug in der Luft. Los ging es von Oststartplatz Auchhalder Kopf, wo er sich zunächst langsam kreisend aber stetig in der schwachen Thermik vor dem Startplatz nach oben schraubte.

Mit dem Wind aus Südosten ließ es sich weiter kreisend und dabei immer mehr an Höhe machend über den Dobel versetzen lassen und erreichte schließlich über Conweiler erstmals an diesem Tag die 2.000 Meter Marke. Schöne Cumuli-Wolken verhießen dort starken Aufwind und so musste Späth "die Ohren anlegen" - also die äußere Leine ziehen, um die Schirmfläche und somit den Auftrieb zu verkleinern, um nicht in die Wolken eingesaugt zu werden.

Flug findet über Stutensee beinahe ein vorzeitiges Ende

Über Remchingen, Pfinztal und Grötzingen ging es anschließend weiter bis nach Stutensee, wo der Flug beinahe ein vorzeitiges Ende gefunden hätte. Späth verlor immer mehr an Höhe, bis er schließlich nur noch 400 Meter über dem Boden war und bereits nach Landewiesen Ausschau hielt. Doch aufgeben war dennoch noch keine Option für den Huchenfelder. Um doch noch einen rettenden Aufwind zu finden zog er seine Suchkreise, was in mehrfach Hinsicht ein spannender Moment war.

Denn neben der geringen Flughöhe machte ihm auch eine entgegenkommende Regenfront zu schaffen. Außerdem trieb ihn der Wind immer näher an eine Flugverbotszone über dem Forschungszentrum Karlsruhe heran, welche kreisrund ist und in mindestens 800 Metern Höhe überflogen werden muss. Buchstäblich in letzter Sekunde fand er schließlich die rettenden Steigen, mit welchen er knapp vor dem verbotenen Luftraum auf 1.800 Meter aufdrehen und diesen überqueren konnte. Auch der Abstand zur Regenfront vergrößerte sich nun, was die Laune in luftiger Höhe noch weiter ansteigen ließ.

An den vielen Baggerseen von Eggenstein-Leopoldshafen und Linkenheim-Hochstetten vorbei änderte sich dann die Flugrichtung von Süd-Ost auf Nord und so machte Späth am Segelflugplatz Linkenheim kehrt und ließ sich von den Segelfliegern den nächsten Aufwind zeigen. Ohne Fähre überquerte er bei Leimersheim den Rhein, ehe der Wind auf Ost drehte und es nach den zwischenzeitlichen Turbulenzen quer über die Pfalz auf die Berge des Pfälzer Waldes zuging, wo er eine vielversprechende Wolke über Landau anvisierte.

Doch leider war auf dem Weg dorthin nur starkes Sinken, sodass er bereits zum zweiten Mal an diesem Tag nach einer geeigneten Landefläche Ausschau halten musste. Doch wie schon über Stutensee gab er nicht auf und konnte kurz vor einem als Landemöglichkeit ausgemachten Stadion von einer Flughöhe von lediglich noch 100 Metern bis auf 2.670 Meter aufdrehen - die größte Höhe des gesamten Flugs.

Landeplatz zwischen den Weinreben 70 Kilometer Luftline vom Startplatz entfernt

Da der Respekt vor den weiter im Westen liegenden Pfälzer Hügeln aufgrund der großen Waldflächen und dem damit einhergehenden Mangel an Landeoption zu groß war, entschied sich Späth daraufhin wieder zurück in Richtung Karlsruhe zu fliegen. Knapp unterhalb der Wolken konnte er beobachten, wie drei Bussarde vor ihm im 45-Grad-Winkel nach oben getragen wurden und in den Wolken verschwanden, was auf starken Aufwind hindeutete. Mit erneut "angelegten Ohren" konnte er verhindern, selbst in die Wolken eingesaugt zu werden.

Im Südwesten hatten sich in der Zwischenzeit mittlerweile mächtige Gewitterwolken aufgebaut, wodurch zwar keine unmittelbare Gefahr entstand, die komplette Gegend aber mehr und mehr abgeschattet wurde. Mit dem Wissen, gegen den Wind und Schatten nicht mehr weit in Richtung Heimat zu kommen, entschied sich Späth daher, wieder umzukehren, um in Nähe des Bahnhofes in Landau zu landen. Da er trotz Schatten kurz vor seinem eigentlichen Ziel aber noch einmal aufrehen konnte, ließ er Landau nun doch hinter sich und folgte der Bahnlinie über Walsheim, Edesheim, Edenkoben bis Maikammer/Kirrweiler Richtung Norden, wo er seine Höhe schließlich im Gleitflug abbaute.

Da es in der Gegend allerdings keine Wiesen und nur Weinreben gab, suchte er sich einen Feldweg zwischen den Reben in Bahnhofsnähe als Landeplatz, gerade breit genug für seinen Gleitschirm. Sehr zufrieden, aber auch durstig und hungrig endete dort, genau 70 Kilometer Luftlinie vom Startplatz in Bad Wildbad, der aufregende Flug.

Autor: son