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Ispringen -  10.11.2025
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IG Metall zeigt klare Kante und spricht in Ispringen über aktuelle Herausforderungen

Ispringen. Gegen Ende seiner Rede wird Martin Kunzmann (Archivfoto: Ketterl) deutlich und emotional. Der ehemalige Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) findet klare Worte. Denn er hat den Eindruck, dass die Politik „die Demokratie zerstörenden Parolen der AfD“ im Glauben aufgreift, so Wähler zu gewinnen.

Der ehemalige Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Martin Kunzmann findet bei seiner Rede klare Worte.
Der ehemalige Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Martin Kunzmann findet bei seiner Rede klare Worte. Foto: (Archivfoto: Ketterl)

Für ihn ist das der falsche Weg. Bei der Jubilarfeier der IG Metall in Ispringen fordert er stattdessen eine Diskussion, die von Respekt geprägt, ist und das Ziel hat, gemeinsam „eine gute und für alle tragfähige Lösung zu finden“. Kunzmann ist überzeugt, dass es die eine, einfache Antwort nicht gibt. „Mit Stammtischparolen lassen sich die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft nicht lösen.“

In seiner Festrede macht der ehemalige DGB-Landesvorsitzende klare Ansagen, für die er auf der Jubilarfeier der IG Metall immer wieder Beifall erhält. Im Mittelpunkt der festlichen, von Livemusik und einem Drei-Gänge-Menü begleiteten Veranstaltung stehen diejenigen, die der Gewerkschaft seit 40, 50, 60, 70 und 75 Jahren die Treue halten. Insgesamt sind es mehr als 180, die durch ihre Mitgliedschaft einen „Beitrag für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft“ leisten. So formuliert es Kunzmann, der in der Festhalle auf die Erfolge gewerkschaftlichen Handelns verweist: erste Tarifverträge in den 50er-Jahren, Senkung der Wochenarbeitszeit, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Betriebsverfassungsgesetz von 1972 – für Kunzmann „die letzte große Reform“. Dabei könne es allein deshalb nicht bleiben, weil es damals weder Digitalisierung noch KI gab.

Die Diskussionen über Bürgergeld und Stadtbild zeigten ihm, dass „verstärkt nach unten getreten“ wird: „Die wenig haben, treten auf die, die noch weniger haben.“ Aus seiner Sicht müsse Schmarotzern ein Riegel vorgeschoben werden. Aber er hält es für falsch, so zu tun, als seien Bürgergeld-Empfänger Faulenzer. Erst recht vor dem Hintergrund, dass mehr als 800.000 Menschen darauf angewiesen sind, obwohl sie arbeiten. Kunzmann fordert die Verantwortlichen auf, mehr auf ihre Wortwahl zu achten. Und betont, dass die Veränderungen bei der Rente beschlossen worden seien, bevor die Migrationsdebatte aufkam. Dass das Eintrittsalter erhöht und das Niveau gesenkt wurde, sei eine Ohrfeige für Arbeitnehmer. Er plädiert für alternative Modelle, etwa eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, auch Beamte.

Bei der Jubilarfeier spannt Kunzmann einen weiten Bogen, auch in die Region, etwa zu Mahle-Behr, wo streikende Beschäftigte 1984 „das Tor zur 35-Stunden-Woche“ aufstießen – als die Behr-Werke „einen Höhepunkt an Beschäftigung“ erlebten. „Heute sieht die Situation anders aus.“ Nicht nur einmal unterstreicht Kunzmann die Bedeutung von Gewerkschaften. „Unsere Forderungen für eine gerechte Gesellschaft sind aktueller denn je.“ Laut Tom Wolters ist man bei der IG Metall derzeit „im absoluten Krisenmodus“. Doch der Erste Bevollmächtigte sagt auch: „Wir laufen zur Höchstform auf.“ Er appelliert, für den Wohlstand der Arbeitnehmer, Demokratie und Chancengerechtigkeit zu kämpfen. Dazu soll es bald zwei Aktionswochen mit rund 40 Einzelveranstaltungen in 18 Betrieben geben. Wolters: „Wir werden die gemeinsame Vision unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens umsetzen.“