Keltern -  29.05.2018
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Behörden haben kaum Handhabe bei Messies - auch nicht bei Haus in Keltern

Pforzheim/Enzkreis/Keltern. Um es vorwegzunehmen: Wer sich an haufenweise Recycling-Material im Vorgarten stört oder an einem komplett vollgestopften Fahrzeug auf dem Abstellplatz, der kann nur aufgrund der wenig schmeichelhaften Optik nicht darauf bauen, dass die Behörden eine Möglichkeit zum Eingreifen sehen. Und zwar auch dann nicht, wenn durch geöffnete Fenster womöglich unangenehme Gerüche ein Geschmäckle auslösen und der Anblick von Nagetieren den Verdacht erregen, dass mit der Hygiene etwas im Argen liegt. Wenn sich Betroffene wie in Keltern nicht helfen lassen, gibt es ein Problem.

Die stellvertretende Kelterner Hauptamtsleiterin Claudia Honnen nahm auf PZ-Anfrage wie folgt Stellung: „Das besagte Haus in Keltern, in dem eine Frau lebt, die Lebensmittel sammelt, haben wir mit dem Gesundheitsamt des Landratsamts Enzkreis in den vergangenen Jahren mehrfach besichtigt.“ Im Mai 2013 hätten an einer Ortsbesichtigung zusätzlich auch der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Keltern und sein Stellvertreter sowie ein Mitarbeiter der unteren Abfallbehörde teilgenommen. Aus Sicht der Feuerwehr gab es keine Statikprobleme beziehungsweise keine erhebliche Brandlasten. Seitens der unteren Abfallbehörde seien weitere Müllgefäße zur Verfügung gestellt und Aufklärungsgespräche zur richtigen Entsorgung geführt worden. Honnen weiter: „Maßgeblich für uns als Ortspolizeibehörde war die Aussage des Gesundheitsamtes als Fachbehörde zum Infektionsschutz, wonach keine Möglichkeiten gesehen wurden, das Infektionsschutzgesetz anzuwenden.“ Ohne die Feststellung des Gesundheitsamtes, dass Gefahren für die Allgemeinheit drohten, könne seitens der Ortspolizeibehörde nichts unternommen werden. Die Anregung einer Betreuung sei vom Gericht abgelehnt worden, weil die betroffene Person dies nicht wolle, unterstrich die stellvertretende Hauptamtsleiterin. Letztlich bleibe festzustellen, dass seitens der Ortspolizeibehörde „nur dann rechtliche Möglichkeiten bestehen, wenn Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit drohen und diese von der Fachbehörde definiert“ würden.

Die Redaktion fragte deshalb beim Enzkreis-Gesundheitsamt nach. Dort wird die Einschätzung der Gemeindeverwaltung geteilt. Amtsleiterin Brigitte Joggerst unterstreicht, dass das Gesundheitsamt nur ermittele, „wenn Tatsachen festgestellt werden, die zum Auftreten von übertragbaren Krankheiten führen können“. Oft seien Menschen, die von Vermüllung betroffen seien, psychisch angeschlagen oder krank. In diesem Fall könne ein psychosozialer Krisendienst hinzugezogen werden. Wenn Eigen- oder Fremdgefährdung vorliege, etwa weil die Gastherme nicht richtig bedient oder der Strom abgestellt werde und im Winter Erfrierung drohe, könne nach den Vorgaben des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes eingegriffen werden. Fast immer, so Joggerst, seien psychosoziale Maßnahmen nötig, die aber nur auf freiwilliger Basis zur Anwendung gelangen könnten. Joggerst: „Wir dürfen nicht gegen den Willen der Person handeln.

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Autor: Peter Marx