Ein Paar legt sich die Welt zu Füßen: Kelterns Alt-Bürgermeister bereiste mit seiner Frau bereits 130 Länder
Keltern-Ellmendingen. Der Lonely-Planet-Weltreiseführer von Ilse und Wolfgang Gehring verzeichnet 221 Länder auf sieben Kontinenten – 27 mehr als die derzeit offiziellen Staaten der Erde. Im Inhaltsverzeichnis haben die Kelterner 130 dieser Ziele als besucht markiert. Der Reiz des Reisens liegt für die Pensionäre im „kleinen Abenteuer“ und dem Kennenlernen anderer Kulturen. Bereits seit der Hochzeitsreise nach Wien 1965 sind der heute 80-jährige ehemalige Bürgermeister von Keltern und seine sechs Jahre jüngere Frau vom Reisefieber gepackt.
Gewürzt mit Neugier und ein bisschen Mut wird jede Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis, so auch die jüngste Reise nach Nordkorea. Es sei eine der interessantesten und beeindruckendsten in den 54 Jahren gewesen, sind sie sich einig. Geradezu überwältigt waren sie von der Sauberkeit im Land, der einfachen, aber gepflegten Kleidung, den vielen, bunten koreanischen Trachten und dem Personenkult mit Riesenstatuen, Monumentalgebäuden und -denkmälern.
In dem streng kommunistischen Land gebe es einzigartige Landschaften, mit Bergen, die sie an die europäischen Alpen erinnerten und Reisfelder, die von Bauern und Soldaten bewirtschaftet, bis zum Horizont reichten. Das Volk sei überwiegend zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. „Nur wenige Autos waren zu sehen. Aus der Stromknappheit resultiert auch, dass das ganze Land bei Nacht in Dunkelheit gehüllt ist und nur die Lichter der wenigen Fahrzeuge und die hell erleuchteten Denkmäler den Himmel erhellen“, sagt Ilse Gehring.
Sie schildert auch den beeindruckenden Besuch an der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea und den des Kumsusan Palasts, dem weltgrößten Mausoleum, das den kommunistischen Machthabern Kim Il Sung und Kim Jong Il gewidmet ist. Vor dem Betreten der Grabstätte werden die Schuhe der Besucher mit Bürsten und die Kleidung mit einem Gebläse gereinigt. „Das ist beeindruckend und erschreckend zugleich“, beschreiben Ilse und Wolfgang Gehring dieses Erlebnis.
Reiseführer vernichtet
Für die beiden gab es auf der Reise einen gewissen Nervenkitzel; denn schon das Mitführen eines Reiseführers oder einer Zeitschrift war streng verboten – und Wolfgang Gehring hatte einen im Koffer zum Lesen im Hotelzimmer. Mit zwei regierungsamtlichen „Betreuern“ seien das Auge und der verlängerte Arm des Kim Jong Un ihnen immer im Nacken gesessen.
So ist der hierzulande wiederbeschaffte Reiseführer ein wichtiges Erinnerungsstück an das aufregendste Erlebnis der unvergesslichen Reise. Den Originalreiseführer hatten die beiden fast schon in Geheimdienstmanier im Hotelzimmer in Wasser aufgelöst und über den Abfluss entsorgt.
Neben diesem Erinnerungsstück an die Reise in ein kommunistisches Land ist Wolfgang Gehring auch noch stolz auf die Jacke und Mütze eines Rotarmisten. Diese stammt aus der Zeit, als Wolfgang Gehring mit Gattin das Reich der Mitte 1983 bereisten.
Expedition in die Antarktis
Ansonsten haben sie wenige Souvenirs. Sie setzen mehr auf die Kraft der Fotos als Erinnerungsstücke. Mit Blick auf die Zukunft sind die beiden Weltenbummler zuversichtlich. Trotz des Alters und den damit verbundenen allgemeinen Einschränkungen und gestiegenen körperlichen Anstrengungen sind sie guten Mutes. So geht’s schon am 23. November mit dem Flieger nach Kapstadt und von dort aus mit dem Schiff entlang der westafrikanischen Küste übers Mittelmeer bis nach Monaco und dann mit dem Bus wieder nach Hause. Ob die beiden dann an Bord der „MS Albatros“, wo die Dreharbeiten zur Serie „Verrückt nach Meer“ laufen, zufällig Statisten werden? Es wäre nicht das erste Mal. Vor einigen Jahren geschah dies bereits auf der „MS Amadea“, als für das „Traumschiff“ gedreht wurde.
Die Anschlussreise ist übrigens auch schon gebucht: Im Januar geht es für das reiselustige Paar auf einem Expeditionsschiff in die Antarktis. Ist dieses Reisepensum in hohem Alter nicht zu anstrengend? Darauf hat der 80-jährige Altbürgermeister eine einfache Antwort: „Wenn deine Zeit abgelaufen ist, dann ist sie abgelaufen – ob zu Hause oder auf Reisen.“
