Salto in eine Zukunft mit Fragezeichen: Deutsche Turnliga will Saison rund um EM absolvieren
Straubenhardt. Die Deutsche Turnliga (DTL) hat in den vergangenen Tagen die Weichen gestellt, damit im Herbst und Winter die Bundesliga-Saison stattfinden kann. Allerdings wird wohl vieles nicht so sein, wie es die Turnfans gewohnt sind und wie es ursprünglich geplant war.
Eigentlich war in der DTL der erste Wettkampftag am 3. Oktober geplant. Am 21. November sollte dann der siebte und letzte Vorrunden-Wettkampf stattfinden, am 6. Dezember das Finale in Ludwigsburg. Nachdem die Corona-Pandemie aber den gesamten Sportkalender 2020 über den Haufen geworfen hat, bleiben auch die Turner nicht verschont. Die im Frühjahr geplante Turn-Europameisterschaft war beizeiten abgesagt worden und wurde jetzt im Winter neu angesetzt – für die Männer vom 9. bis 13. Dezember in Baku.
Auch deshalb trafen sich die acht Bundesliga-Vereine nun in Frankfurt, um alternative Termine und Pläne für die DTL zu diskutieren. Für den deutschen Meister KTV Straubenhardt waren Trainer Steve Woitalla und der Vorsitzende Jörg Gänger dabei. Das Fazit, das Woitalla: „Wir müssen flexibel sein.“
Vorrunde in zwei Gruppen
Tatsächlich fordert der aktuell favorisierte Plan den Vereinen und Turnern einige Flexibilität ab. Das beginnt damit, dass die Saison maximal fünf Wettkampftage umfasst. Dazu wird die Liga zunächst in zwei Vierer-Gruppen gesplittet, die an drei Vorrunden-Wettkampftagen die Teilnehmer für das Halbfinale ermitteln. Gruppensieger und Gruppenzweite ermitteln dann im Kreuzvergleich die Teilnehmer für das große Finale um den Titel und für das kleine Finale um Platz drei.
Das ist wie gesagt aktuell der favorisierte Plan. Eine endgültige Entscheidung soll bis Ende Juli fallen. Und es sind noch scheinbar unendlich viele Fragen offen. Zum Beispiel, was die Nationaltrainer machen? Normalerweise sehen sie es nicht gerne, wenn sich ihre Turner so kurz vor einem internationalen Wettkampf einem Verletzungsrisiko aussetzen. Auf der anderen Seite stehen die Turner, die in ihrem Sport nicht mit Geld überhäuft werden und die deshalb die lukrativen Auftritte in der DTL nicht ausfallen lassen wollen.
Dass die DTL eine interessante Verdienstmöglichkeit auch für Turner aus dem Ausland ist, möchte Steve Woitalla „zumindest nicht verneinen“. Der KTV-Trainer weiß aber auch: „Die Jungs lieben das Format mit dem Duellturnen und der Score-Wertung. Und sie lieben die Emotionen in den vollen Hallen.“
Ob es diese vollen Hallen aber überhaupt geben wird, ist aber die nächste große Frage. Einige Vereine in der DTL hatten in der Sitzung in Frankfurt zu verstehen gegeben, dass sie Turndelle ohne Zuschauer nur schwer vorstellen können. Schließlich sind die Einnahmen aus Heimwettkämpfen für viele Teams von existenzieller Bedeutung.
„Ohne Zuschauer suboptimal“
Ganz so hart würde man in Straubenhardt von einem Ausschluss der Zuschauer – egal ob vollständig oder teilweise – nicht getroffen. „Sport ohne Zuschauer ist natürlich suboptimal, zumal gerade wir von den Emotionen unserer Fans leben“, sagt Andreas Rapp vom Förderverein der KTV. Der Verein aus dem Schwarzwald kann die coronabedingten Einschränkungen dank „starker Partner“ – sprich: einer gut bestückten Sponsorenriege – womöglich besser verkraften als andere Clubs.
Selbst wenn nun die Saison mit einem verkürzten Programm geturnt wird, bleiben weitere Fragen offen. Kann das eigentlich fix terminierte Finale in Ludwigsburg problemlos verlegt werden? Womöglich auf einen Termin nach der EM – im Dezember oder Januar? Und gibt es Chancengleichheit? Nils B. Bohl, Medienbeauftragter der DTL, weist darauf hin, dass die Bundesländer dann immer noch womöglich unterschiedliche Regelungen im Herbst haben. So ist nicht ausgeschlossen, dass einige Vereine daheim vor Publikum turnen, andere hingegen in leeren Hallen antreten müssen.
Und noch so eine Frage: Was ist mit Absteigern? Auf die soll wohl verzichtet werden. Mit Aufsteigern könnte die Liga dann in der kommenden Saison 2021 zehn Teams umfassen – und das in einem Jahr, in dem sich für die Turner mit EM, Olympia und WM die Großereignisse ballen. Aber auch dafür gibt es schon die Überlegung, die Vorrunde erneut in zwei Gruppen zu absolvieren, um Wettkampftage zu sparen.
