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Mühlacker -  02.01.2024
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Die Gemeinde Wiernsheim und ihre Teilorte: Seit 50 Jahren vereint

Wiernsheim. Am 1. Januar 2024 sind die Gemeinde Wiernsheim und ihre Teilorte Iptingen, Pinache und Serres exakt seit 50 Jahren vereint. Der Anschluss von Pinache erfolgte allerdings schon im Jahr 1970.

Serres Luftbild
Das Luftbild zeigt den Wiernsheimer Teilort Serres, der sich am 1. Januar 1974 der Gemeinde angeschlossen hat. Foto: Meyer

Denn 1966 wurde der damalige Wiernsheimer Rathauschef Rolf Gockeler, der seit 1962 im Amt war, zusätzlich noch zum Bürgermeister der damals selbstständigen Gemeinde Pinache gewählt – und das, obwohl er gar nicht auf dem Wahlzettel stand. Dass jemand auch ohne Bewerbung zum Bürgermeister gewählt werden kann, wenn dies die Mehrheit der Bürgerschaft wünscht und der Kandidat die Wahl annimmt, gilt wohl nicht nur in Baden-Württemberg als Besonderheit.

Drei Bürgermeister sind mit der Gemeinde Wiernsheim in den vergangenen 50 Jahren verbunden: Rolf Gockeler lenkte ab 1962 die Geschicke – zuerst in Wiernsheim, ab 1966 zusätzlich in Pinache und war schließlich von 1974 bis 1982 Bürgermeister der Gesamtgemeinde. Von 1982 bis 2022 war Karlheinz Oehler Bürgermeister und seit April 2022 steht Matthias Enz nun an der Gemeindespitze.

Zehnjähriger Prozess

„Als die Eingliederungsverträge für die Ortsteile Iptingen und Serres zum 1. Januar 1974 in Kraft traten, war dies der Endpunkt eines rund ein Jahrzehnt währenden Prozesses, welcher unserer Gemeinde ihr heutiges Gesicht und ihren Charme gibt“, schreibt Bürgermeister Enz in seinem Grußwort des im Januar erscheinenden neuen Heimatbuches der Gemeinde, das die 50 gemeinsamen Jahre Revue passieren lässt. Gefeiert wird das Gemeindejubiläum am 21. September in der Lindenhalle.

Die 77 Jahre alte Gertrud Roux aus Serres und der 74-jährige Iptinger Alfred Schüle blicken im PZ-Gespräch auf die Zeit vor 50 Jahren in ihren jeweiligen Wohnorten zurück. „Früher war alles anders in Serres“, sagt Gertrud Roux. Es habe Lebensmittelgeschäfte und von 1953 bis 1974 sogar ein Freibad in Serres gegeben, das damals auch als vorgeschriebener Feuerlöschteich diente. In der Schillerstraße Serres befand sich das Höhencafé und in der Hebelstraße zuerst ein Tanzcafé, das später sogar zur Diskothek wurde. Zudem gab es zwei Bankhäuser.

„Wir sind mittlerweile nur noch eine Wohngemeinde“

Gertrud Roux

Aber das sei auch dem Zeitgeist der vergangenen 30 bis 40 Jahre geschuldet. „Die Eingemeindung von Serres nach Wiernsheim war gut“, sagt sie. Denn mittlerweile würden die Strukturen der vier Teilgemeinden gemeinsam getragen. Und was sie freut: „In Serres haben mittlerweile sogar Wiernsheimer Bürgerinnen und Bürger gebaut“, berichtet sie. Seit 18 Jahren gehört die Mutter einer Tochter und Oma zweier Enkeltöchter den Waldenserfreunden Pinache und Serres in der evangelischen Kirchengemeinde an und hilft ehrenamtlich im Pinacher Waldensermuseum mit. „Wir sind eins mit Wiernsheim, Pinache und Iptingen“, sagt Gertrud Roux, die aus Mönsheim stammt und seit 1969 in Serres wohnt.

Das unterstreicht auch der Iptinger Alfred Schüle, der früher SPD-Gemeinderat war. Im November 1973 wurde in Serres eine Bürgerbefragung durchgeführt, bei der sich eine Mehrheit von rund 61 Prozent für die Eingemeindung aussprach. Anders war es hingegen in Iptingen. Dort votierten die Iptinger im Jahr 1969 noch mit knapp 69 Prozent für die Beibehaltung eines eigenen Bürgermeisters. Und im entscheidenden Jahr 1973 stimmten die Bürgerinnen und Bürger vorab in mehreren Befragungen, teils mit satter Mehrheit, für einen Anschluss nach Mönsheim. Der damalige Iptinger Gemeinderat entschied sich im November 1973 allerdings mit sechs zu zwei Stimmen für die Eingemeindung nach Wiernsheim. Iptingen sei in Wiernsheim gleichberechtigt, wohingegen man beim Zusammenschluss mit Mönsheim immer der kleinere Ort gewesen wäre, lautete seinerzeit das Argument, das schließlich im Iptinger Rat den Ausschlag gegeben hatte. „In den Gaststätten wurde damals heiß debattiert, denn die Iptinger waren sauer auf ihre Gemeinderäte“, weiß Alfred Schüle, der 1974 sein Eigenheim in Iptingen kaufte und umbaute.

Im Endeffekt habe Iptingen aber von der Eingemeindung nach Wiernsheim profitiert. Denn davon zeugten auch die mittlerweile zwei Ortskernsanierungen, von denen eine seit 2019 aktuell noch laufe, so Schüle. Protest habe es von den Iptingern aber auch gegeben, als der neue Treppenaufgang der örtlichen evangelischen Sankt-Margareten-Kirche, einer in der Stauferzeit um 1100 entstandenen Kirchenburg, im Rahmen der Ortskernsanierung ab 1990 gebaut wurde, erzählt Schüle. Als das Ergebnis aber fertig war, hätten sich die „Widerständler“ damals sogar entschuldigt.

Vorteile durch Eingemeindung

„Iptingen ist durch die Eingemeindung nach Wiernsheim gut gefahren. Das hat Vorteile gebracht“

Alfred Schüle

Denn als gebürtiger Großglattbacher weiß er von anderen Großglattbachern, dass nicht wenige Bürger damals lieber zu Wiernsheim statt Mühlacker gekommen wären. Aber das ist eine andere Geschichte. „Zu 90 Prozent sind wir heute alle Wiernsheimer geworden“, sagt Schüle.

Autor: Ilona Prokoph